Die Mittelständler aus Deutschland sind positiv überrascht, als sie Anfang Juni in der Nachmittagssonne vor dem WTO-Gebäude am malerischen Genfer See stehen. Die Mitarbeiter der multilateralen Organisation einschließlich Generaldirektor Roberto Azevedo zeigen sich genauso interessiert an den Wünschen und Fragen der 14 Personen starken Unternehmerdelegation von BDI und DIHK wie die Botschafter ausgewählter WTO-Mitglieder. Was tun, um Mikro-, Kleine, und Mittlere Unternehmen (MKMU) besser in den Welthandel zu integrieren?
Dieser Frage widmet sich derzeit ein großer Teil der 164 WTO-Mitglieder in enger Zusammenarbeit. Bis zum nächsten Ministertreffen der Organisation im kommenden Jahr soll eine erfolgsversprechende Tagesordnung für die entsprechende Arbeitsgruppe stehen. Dabei geht es um Themen wie Transparenz, Informationszugang, Handelserleichterungen und -finanzierung.
Außerdem ging es bei dem Treffen um den digitalen Handel. Die australische WTO-Botschafterin Frances Lisson stellte die bereits von mehr als 70 Mitgliedern getragene Initiative vor, unter dem Dach der WTO gemeinsame Regeln für den elektronischen Handel zu schaffen. Zentral ist die Frage, inwiefern sich internationale Regeln für den freien Fluss von Daten vereinbaren lassen. Diese Regeln würden gerade mittelständischen Unternehmen helfen, von den globalen Geschäftsmöglichkeiten der Digitalisierung zu profitieren und digitalen Protektionismus zu verhindern. Schon heute eliminiert das Informationstechnologie-Abkommen der WTO einen beachtlichen Teil der Zölle in der Informations- und Kommunikationstechnologie.
Die große Unsicherheit auf den Weltmärkten durch die Handelskonflikte zwischen den USA und Handelsmächten wie China oder der EU standen ebenfalls im Fokus der Diskussionen vor Ort. Der stellvertretende Generaldirektor der WTO, der Deutsche Karl Brauner, erklärte die Schwierigkeiten durch die von den USA blockierte Nachbesetzung von Richtern in der Berufungsinstanz der WTO-Streitschlichtung. Die Schlichtung von Streitfällen unter WTO-Mitgliedern ist eine zentrale Aufgabe der WTO – und sie wird durch das Verhalten der USA behindert. Und dies, obwohl die USA zu den aktivsten Nutzern der Streitschlichtung in Genf gehören.
Die WTO übernimmt unverzichtbare Aufgaben für den regelbasierten und offenen Welthandel. Es müssen alle Mitglieder zu Reformen und Kompromissen bereit sein, um die Regeln und Verfahren den sich ändernden Bedürfnissen des heutigen Welthandels anzupassen – und damit allen Staaten faire Wettbewerbsregeln zu bieten. Die Mittelständler zeigten sich bereit, nach dem Besuch in Genf mit praktischen Beispielen das WTO-Sekretariat und die Mitgliedsstaaten bei den Reformbemühungen zu unterstützen und für multilaterale Lösungen zu werben.