„Die Gefahren für den Welthandel sind noch nicht gebannt, das zeigt die ungebrochene Neigung in Washington zu bilateralen Verhandlungen unter Sanktionsdruck und zum Aushandeln von Marktanteilen, die auch in der Europäischen Union Befürworter findet. Dem steht die nur zögerliche Bereitschaft asiatischer Länder gegenüber, ihre Märkte tatsächlich zu öffnen.
Uni- und bilaterale Regelungen lösen nach aller Erfahrung keine Handelskonflikte; sie benachteiligen zugleich Drittländer und beeinträchtigen zudem das internationale Handelsgefüge. Vor diesem Hintergrund sieht die deutsche Industrie eine vordringliche und fortwährende Aufgabe der WTO darin, die Mitgliedstaaten mit den Erfolgsbedingungen einer interdependeten und wachsenden Weltwirtschaft vertraut zu machen.
Die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Industrie bleibt angesichts der vielfältigen Herausforderungen in Asien, Lateinamerika, in Nafta und Osteuropa eine permanente Herausforderung für die Europäische Union. Die Illusion, eigene Industrien durch mehr oder weniger subtile Abschottung vor unliebsamer Konkurrenz schützen zu können, wird angesichts tradierter Konzepte nicht leicht zu überwinden sein.
Wie ehedem das GATT, muss auch die WTO ein Gremium zur Handelsliberalisierung und zur Durchsetzung von Regeln für möglichst reibungslose internationale Wirtschaftsbeziehungen bleiben, dies insbesondere auch mit Hilfe einer verbesserten Streitschlichtung. Die jüngste Aufschwungphase der deutschen Wirtschaft wurde entscheidend von der Außenwirtschaft ausgelöst. Diese positiven Entwicklungen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Wirtschaft einer verschärften internationalen Konkurrenz ausgesetzt bleibt, was kontinuierliche Anstrengungen zur Verbesserung der Wettbewerbskraft erfordert.
Das weltwirtschaftliche Gefüge hat sich drastisch verändert. Neue Wachstumszentren entstehen. Immer mehr Länder nutzen die Chancen, die ihnen die internationale Arbeitsteilung bietet. Mehr und mehr muss die deutsche Industrie mit Ländern konkurrieren, die über vergleichbare Technologien verfügen, aber zu sehr viel niedrigeren Preisen auf den Weltmärkten anbieten können. Insbesondere die weitere Entwicklung Chinas wird zunehmend den ostasiatischen Raum beeinflussen.“
Der BDI bereitete sich intensiv auf die neue WTO im Vorfeld vor und schuf im Juli 1994 eine Ad-hoc-Gruppe unter dem Namen „Neue Themen der WTO“. Die Mitglieder der Gruppe griffen das in der WTO künftig zu verankernde Thema Handel und Umwelt direkt auf. Pünktlich zum Jahresbeginn 1995 veröffentlichte der BDI sein „Positionspapier der deutschen Industrie zum Thema ‚Handel und Umwelt‘“, das auch als Position gegenüber den stärker werdenden NGOs zu verstehen war. Darin befürwortete die deutsche Industrie die Aufnahme der Ziele „Nachhaltige Entwicklung“ und „Schutz der Umwelt“ in die WTO und unterstrich den Erhalt des liberalen multilateralen Handelssystems.