Die Wirtschaftspolitik der Großen Koalition, Klimaschutz und Digitalisierung, die Zukunft Europas, der Brexit sowie internationale Handelskonflikte bleiben aktuell. Aus seiner bisherigen Amtszeit bringt besonders eine häufige Aussage des BDI-Präsidenten die Forderung der deutschen Industrie an die Große Koalition auf den Punkt: „Die Regierung muss mehr Wirtschaft wagen.“ Den Appell an die Regierung, eine ehrgeizige Industriepolitik zu entwickeln, untermauerte Kempf mit der Warnung, dass hierzulande eine klare Schieflage in Richtung Umverteilung statt in Zukunftssicherung bestehe. Deshalb sei die Steuerpolitik eine der entscheidenden Weichen, welche die Politik dringend neu stellen müsse: „In der Steuerpolitik grenzt die Tatenlosigkeit der Bundesregierung fast an unterlassene Hilfeleistung.“
Entlastung ist auch das Stichwort beim Klimaschutz – Kempf sprach sich gegen einen Sonderweg wie die Einführung eines nationalen CO2-Preises aus. Stattdessen müsse es Fortschritte bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens geben. Das ist auch ein Schwerpunkt der 24. UN-Klimakonferenz im Dezember in Kattowitz. „Notwendig ist eine realistische Politik, die Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen gerecht wird“, betonte der BDI-Präsident, der auch Mitglied der Strukturkommission der Bundesregierung ist, die bis Anfang 2019 über den Ausstieg aus der Braunkohle berät.
Mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung sind besonders wichtig, um die Digitalisierung voranzutreiben. Dabei müsse die Digitalstrategie der Bundesregierung mehr sein als ein Flickenteppich. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur sollte im Fokus stehen. „Es ist ein Unding, dass Deutschland bei der Internetgeschwindigkeit in Europa auf Platz 15 von 31 Nationen liegt“, bemängelte Kempf. Und auch nach dem im Dezember in Nürnberg tagenden Digitalgipfel wird der BDI weiterhin höhere Investitionen in künstliche Intelligenz fordern. Ein Lichtblick sei die die steuerliche Forschungs- und Entwicklungsförderung, die Anfang Januar 2020 in Kraft treten soll.
Neben dem bevorstehenden Brexit am 29. März im nächsten Jahr ist für den BDI-Präsidenten die größte Gefahr für die Wirtschaft der zunehmende Protektionismus. Nationale Alleingänge und Zölle unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit seien falsch, sagte Kempf über die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. „Protektionismus, egal in welchem Gewand, ist eine Politik für eine Minderheit auf Kosten der Mehrheit.“
Umso wichtiger ist es für Kempf, dass sich die Wirtschaft hörbar zum offenen Europa bekennt. „Europa ist nicht das Problem, sondern die Lösung.“ Gerade mit Blick auf die im Mai anstehenden Europawahlen sprach sich der BDI-Präsident für eine mutige, vorwärts gerichtete Politik in Deutschland und Europa aus, die Innovationskraft und Weltoffenheit verteidigt und ausbaut. Hass und Intoleranz hätten in Wirtschaft und Gesellschaft nichts zu suchen, unterstrich Kempf auf dem Tag der Deutschen Industrie im September: „Wir sind bunt, nicht braun.“