Der BDI hat 54 Forderungen an Berlin und Brüssel, um den wachsenden Herausforderungen mit der staatlich geprägten chinesischen Volkswirtschaft besser zu begegnen. Das geht aus einem neuen BDI-Grundsatzpapier hervor. Der Titel lautet: „Partner und systemischer Wettbewerber – Wie gehen wir mit Chinas staatlich gelenkter Volkswirtschaft um?“
China entwickele sich entgegen früherer Erwartungen absehbar nicht hin zu Marktwirtschaft und Liberalismus. „Die Volksrepublik etabliert ihr eigenes politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Modell“, unterstrich Kempf. Das Land sei in einen systemischen Wettbewerb zu liberalen marktwirtschaftlichen Staaten wie Deutschland getreten. Dies müsse realistisch betrachtet werden, um Antworten darauf zu finden.
China bleibe Treiber der Weltwirtschaft und für die deutsche Industrie wesentlicher Absatz- und Beschaffungsmarkt, machte Kempf klar. Die deutsche Industrie wolle auch weiterhin die Chancen des wirtschaftlichen Austausches mit China nutzen. „Jedoch darf niemand die Herausforderungen, vor die China die EU und Deutschland stellt, einfach ausblenden.“
Die deutsche Industrie fordert in dem Grundsatzpapier einen gestärkten wirtschaftspolitischen Rahmen für den Europäischen Binnenmarkt. Dieser soll auch Unternehmen aus nicht-marktwirtschaftlichen Ländern an die liberale marktwirtschaftliche Ordnung der EU binden, wenn sie in der EU aktiv sein wollen. Für die EU ist es wichtiger denn je, nicht nur nach innen die Bedeutung und Bindekraft ihrer Ordnung und Werte zu verdeutlichen, sondern sie auch offensiv nach außen zu vertreten.
„Es ist unerlässlich, dass die Bundesregierung wieder Bannerträger für eine stärkere EU wird“, forderte der BDI-Präsident. Zugleich müssten Deutschland und die EU deutlich mehr in Forschung, Entwicklung, Bildung, Infrastruktur und Zukunftstechnologien investieren. „Die EU braucht eine ehrgeizige Industriepolitik für ihre starken Unternehmen, die sich auf Innovation, intelligente Regulierung, Sozialpartnerschaft, Infrastruktur und Freihandel konzentriert.“
Der BDI schlägt vor, das EU-Beihilfenrecht und die Anti-Subventions-Instrumente zu schärfen. Europa müsse effektiv gegen Firmen vorgehen, die nicht in der EU produzieren und staatliche Subventionen erhalten. In diesem Sinne spricht sich der BDI dafür aus, eine neuartige Subventionskontrolle bei Auslandsinvestitionen einzuführen. Diese sollte staatlich finanzierte Übernahmen europäischer Technologieunternehmen kontrollieren – und notfalls verhindern. In der öffentlichen Auftragsvergabe sollten hohe Qualitätsstandards ein Muss werden: Dumping-Preise ausländischer Anbieter müssten auf Subventionen untersucht werden können. Die 54 Forderungen müssten ein Kompass in der politischen Debatte sein.
„Wir in der deutschen Industrie messen die chinesische Regierung an ihren eigenen international bekanntgemachten Verpflichtungen. Peking sollte im eigenen Interesse den heimischen Markt weiter öffnen und lange angekündigte Wirtschaftsreformen kraftvoll umsetzen“, erklärte Kempf. Je schneller China mit Wirtschaftsreformen und Marktöffnung Wettbewerbsgleichheit zwischen chinesischen und EU-Unternehmen auf dem Weltmarkt schaffe, desto weniger müssten neue Kontrollinstrumente zum Einsatz kommen.
Das deutsch-chinesische Handelsvolumen erreichte zuletzt 187 Milliarden Euro, fast 30 Prozent des gesamten Handels zwischen der EU und der Volksrepublik (2017). China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner außerhalb der EU. Deutsche Exporte nach China betrugen 86 Milliarden Euro, Importe 101 Milliarden Euro.
Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in China summierte sich nach jüngsten offiziellen Angaben auf 76 Milliarden Euro (2016). Circa 5.200 deutsche Unternehmen waren mit über einer Million Angestellten in China tätig. Den Bestand chinesischer Investitionen in Deutschland schätzt der BDI auf 13 Milliarden Euro bis Ende 2017.