Raumfahrt ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Unser vernetztes, digitalisiertes und modernes Leben würden ohne sie nicht funktionieren. Egal ob Fernsehen, Telefon, Navigation oder Umwelt- und Klimaschutz, ohne Weltrauminfrastruktur und ihre Anwendungen wäre all dies nicht denkbar. Darüber hinaus ist Raumfahrt ein Motor für Innovation in Deutschland, leistet Technologietransfers in diverse Wirtschaftsbereiche und begeistert Menschen für Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Damit ist Raumfahrt auch für die deutsche Industrie im digitalen Zeitalter von zentraler Bedeutung.
Der Zukunftsmarkt Weltraum, auch New Space genannt, bietet neben neuen technologischen Ansätzen auch neue mögliche Geschäftsmodelle wie die Wartung von Satelliten im Orbit, die Beseitigung von Weltraumschrott, die Produktion in der Schwerelosigkeit, den Abbau von Ressourcen auf Himmelskörpern oder den Weltraumtourismus. Grundvoraussetzung zur Erschließung dieses Potenzials ist eine leistungsfähige Infrastruktur im Weltraum und auf der Erde. Der Raumfahrt-Umsatz beträgt weltweit zurzeit etwa 260 Milliarden US-Dollar. Unternehmensberatungen gehen davon aus, dass sich der globale Raumfahrtmarkt bis 2040 auf bis zu 2.700 Milliarden US-Dollar mehr als verzehnfachen wird.
Deutschland ist ein Hightech-Land, die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde und eine führende Exportnation. Diese Stärke spiegelt sich allerdings nicht in den Raumfahrtausgaben wider. Bei den staatlichen Ausgaben hinkt Deutschland deutlich hinterher – und liegt im internationalen Vergleich mit seinem jährlichen Beitrag zur Europäischen Weltraumorganisation ESA und dem nationalen Programm mit 1031 Millionen Euro lediglich auf Rang neun. Im Jahr 2018 lag das deutsche „Nationale Programm für Weltraum und Innovation“ bei gerade mal 285 Millionen Euro. Im Vergleich dazu verfügte beispielsweise Frankreich im selben Zeitraum über ein Budget von 726 Millionen Euro. Es fehlt zudem an Mechanismen, private Investitionen und Innovationen in der Raumfahrt und darauf aufbauende Anwendungen zu fördern. Dabei verfügt die deutsche Industrie mit ihren großen und mittelständischen Unternehmen sowie Start-ups über die notwendige Expertise und Innovationskraft, um eine führende Rolle im Zukunftsmarkt Weltraum zu spielen.
Um den Markt von morgen mitzugestalten, muss die Bundesregierung mit Blick auf den Weltraum ambitionierter werden. Dafür ist es dringend erforderlich, das nationale Raumfahrtbudget in Deutschland deutlich auf das Niveau von Frankreich aufzustocken. Das stärkt die deutsche Industrie im internationalen Wettbewerb und schafft einen verlässlichen Rahmen für Investitionen in den Erhalt und Ausbau unserer technologischen Kompetenzen.
Wichtig ist, dass die Bundesregierung einen investitionsfreundlichen Rechtsrahmen schafft. Im Koalitionsvertrag hat sie sich dazu auf ein Weltraumgesetz verständigt, um Investitions- und Rechtssicherheit auch für nicht-staatliche Raumfahrtaktivitäten zu schaffen. Ziel sollte ein schlankes Gesetz sein, das die kommerzielle Raumfahrt in Deutschland fördert, indem es besonders die zentralen Haftungsfragen, etwa für den Betrieb von Satelliten, regelt. Außerdem sollten sich Genehmigungserteilungen unbürokratisch und zügig durchführen lassen.
Mit dem European Service Modul (ESM) für das Raumschiff Orion kommt eine systemkritische Komponente für die Mond-Mission der USA bereits aus Deutschland. Die Bundesregierung sollte sich zudem für den Mitflug einer deutschen Astronautin oder eines Astronauten bei der Rückkehr der Amerikaner zum Mond im Jahr 2024 aktiv einsetzen. Dies wäre ein deutliches Zeichen für eine führende Beteiligung Deutschlands als Partner der USA bei der Rückkehr zum Mond. Astronautinnen und Astronauten haben die Fähigkeit, die Raumfahrt-Begeisterung in Deutschland weiter zu stärken. Zuletzt war dies mit Alexander Gerst auf der Internationalen Raumstation ISS der Fall.
In den kommenden Monaten werden für die deutsche Raumfahrt wichtige politische Weichenstellungen getroffen. Mit der Vorlage eines nationalen Weltraumgesetzes und der Ministerratskonferenz der European Space Agency (ESA) stehen bis zum Ende des Jahres weitreichende Entscheidungen für die Raumfahrt „made in Germany“ an.
Der BDI wird dieses Thema erstmalig am 18. Oktober im Rahmen eines Weltraumkongresses im Haus der Deutschen Wirtschaft adressieren. Gemeinsam mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, dem Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, Thomas Jarzombek, dem CEO von OHB System, Marco R. Fuchs, und dem CEO von Airbus Defense and Space, Dirk Hoke, werden Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Industrie und Raumfahrt die Bedeutung der Raumfahrt für Gesellschaft und Wirtschaft diskutieren.