Der wirtschaftliche Wiedereintritt des Industrielandes Deutschland muss sitzen. Ein erneuter Shutdown hätte unabsehbare Folgen für das Land. Die in Deutschland bisher beschlossenen Stützungsmaßnahmen helfen vielen Unternehmen sehr, werden aber nicht jedes Unternehmen vor gravierenden Schwierigkeiten schützen können.
Für viele Unternehmen gehen die Maßnahmen nahe an die Schmerz- und in manchen Fällen an die Existenzgrenze. Jede Woche Verzögerung ist eine große Herausforderung für die gesamte Wirtschaft. Deshalb ist Planungssicherheit so wichtig. „Wir sind besorgt, dass sich die Vorbereitung der Politik zum Neustart in 14-Tages-Plänen erschöpft. Sie muss sich jetzt darauf vorbereiten, was sie beim nächsten Checkpoint entscheidet“, sagt BDI-Präsident Dieter Kempf, „Die Bundesregierung sollte bereits jetzt die mittel- und langfristigen Folgen stärker als bislang in den Blick nehmen.“ Eine Erholung hin zum Niveau der wirtschaftlichen Aktivität vor der Krise werde gesamtwirtschaftlich wohl frühestens im kommenden Jahr, möglicherweise sogar erst im übernächsten Jahr machbar sein.
Der Wiederhochlauf industrieller Produktionsverbünde ist ureigene Domäne unternehmerischen Handelns: Es braucht außer eines verlässlichen Planungsrahmens durch die Politik keine weitere staatliche Koordinierung. Es ist wichtig, den gesundheitspolitischen Rahmen, der die stufenweise Rückkehr zur Normalität für Wirtschaft und Gesellschaft bildet, schnellstmöglich zu setzen.
Dieter Kempf: „Eine längere Phase mit hohem staatlichen Engagement ist unvermeidbar auf dem Weg zu neuem Wachstum. Umso wichtiger ist es daher, in Deutschland und ganz Europa mit gezielten Impulsen für eine stärkere Nachfrage durch private Haushalte und Investoren zu sorgen.“ Vor allem im Klimaschutz und in der Digitalisierung müsse die Politik neben steuerlichen Erleichterungen mittelfristige Wachstumsakzente auf den Weg bringen – und zwar glaubhaft und ausreichend dimensioniert. Ein Klima-Konjunkturpaket sollte langfristige Investitionsentscheidungen für CO2-arme Technologien ermöglichen. Dabei müssen klima- und energiepolitisch relevante Belastungen sinken.
„Alles staatliche Handeln muss sich nach dem europäischen Kompass ausrichten: Die Bundesregierung kann das Industrieland Deutschland nur im Verbund mit ihren europäischen Partnern aus dieser Krise holen“, betont Kempf. Für die deutsche Industrie stelle sich beim Neustart die enorme Herausforderung, ihre in der Krise teilweise gestörten und zerrissenen Wertschöpfungsnetzwerke, die in der Regel international und EU-weit geknüpft sind, zu reaktivieren.
Deshalb müssen alle nationalen, finanziellen und regulatorischen Beschlüsse die Gesundung des Binnenmarkts zum Ziel haben – und dürfen sich nicht auf den heimischen Kirchturm beschränken. Dauerhafte Grenzschließungen sind gefährlich und setzen Stabilisierung und Erholung aufs Spiel.