„Corona legt schonungslos die Vor- und Nachteile einer digitalen Welt offen. Wir haben in den vergangenen Monaten einen ungeahnten Digitalisierungsschub im High-Speed-Modus erlebt. Unternehmen, Staat und Gesellschaft zeigen erfreulich mehr Offenheit gegenüber digitalen Lösungen. Auch die Achterbahnfahrt rund um die Entwicklung der Corona-Warn-App in Deutschland hat endlich ein gutes Ende gefunden.
Die coronabedingten Ausfälle unserer eng vernetzten internationalen Lieferketten haben allerdings auch gezeigt: Gerät die industrielle Produktion irgendwo anders auf der Welt ins Stocken, sind wir in Berlin, aber auch in Paris und Rom nicht mehr technologisch handlungsfähig. Das gilt auch bei KI-Kompetenzen, dem Cloud-Computing oder der Quantentechnologie. So wurden hierzulande in zentralen Technologiebereichen in den vergangenen Jahren Kompetenzen abgebaut, die wir heute dringend bräuchten, um digital souverän zu agieren.
Dabei ist digitale Souveränität kein Luxus, sondern zwingende Voraussetzung, damit niemand in Europa im Zeitalter der digitalen Transformation abgehängt oder gar von Drittstaaten abhängig wird. Die in der EU lebenden Bürgerinnen und Bürger, die europäischen Unternehmen, aber auch die EU als Ganzes, müssen in der Lage sein, selbstbestimmt digital zu handeln. Konkret heißt das: Europas Handlungsfähigkeit in besonders kritischen Bereichen zu stärken. Hier müssen wir auf eigenen Beinen stehen, um uns im internationalen Wettbewerb zu behaupten.
Die notwendige Grundlage haben wir in Deutschland längst geschaffen: Mit der Kombination aus unserer industriellen Stärke und den Möglichkeiten digitaler Technologien haben wir im internationalen Wettbewerb einen entscheidenden Vorteil.
Keinesfalls darf Souveränität darauf abzielen, vollständig autonom oder gar autark zu handeln. Protektionismus und fragmentierten Wirtschaftsräumen ist unter keinen Umständen Vorschub zu leisten. Als in hohem Maße in internationale Wertschöpfungsketten eingebundene deutsche Industrie sind und bleiben wir Verfechterin der Globalisierung.
Der BDI fordert daher einen klaren einheitlichen europäischen Kompass zur Stärkung der digitalen Souveränität. Dieser ist notwendig, damit Europa seine Standortvorteile nutzen und gleichzeitig seine vernetzte und exportorientierte Wirtschaft aufrechterhalten kann. Die deutsche und europäische Politik muss digitale Schüsseltechnologien massiv fördern, um auch nach der Corona-Krise Bestand zu haben.
Der Beschluss der Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturpakets, die KI-Fördermittel bis 2025 von drei Milliarden auf fünf Milliarden Euro zu erhöhen, ist ein entscheidender Wegweiser.
In einem nächsten Schritt muss die Bundesregierung noch vor der Sommerpause den Entwurf für ein IT-Sicherheitsgesetz 2.0, die TKG-Novelle und den erweiterten Sicherheitskatalog zu §109 TKG vorlegen. Es ist längst überfällig, dass die Regierung Investitionssicherheit in 5G-Netze für Unternehmen schafft.“