Erstens: Groß, rot und rund: Ohne Firmenstempel geht nichts. In China verfügt jede geschäftliche Einheit, egal ob Firma oder Verein, über einen Firmenstempel, der von der Wertigkeit her durchaus mit der Unterschrift des Geschäftsführers in Deutschland gleichzusetzen ist. Im Normalfall wird er nicht neben dem roten Stempelkissen auf dem Schreibtisch der Sekretärin, sondern im Tresor aufbewahrt. Er steht, ähnlich der Prokura, nur bestimmten Personen in der Firma zur Verfügung. Die Unbedarftheit, mit der meine Berliner Kollegen und ich mit dem Thema „Stempel“ in der Vergangenheit umgegangen sind, wurde mir in China rasch ausgetrieben. Schon bei den ersten Formularen, die ich für die Gründung des Büros unterzeichnen musste, wurde von den chinesischen Behörden ungläubig zur Kenntnis genommen, dass der BDI über keinen roten Firmenstempel verfügt. Die Ungläubigkeit lag auf meiner Seite, als ich – in Ermangelung des Stempels – dazu aufgefordert wurde, meinen Fingerabdruck in roter Farbe neben die Unterschrift zu setzen. Auch zur Beantragung einer Telefon- oder Internetleitung wird der Firmenstempel zwingend vorausgesetzt.
Zweitens: Unterschrift ist nicht gleich Unterschrift. Für die Beantragung eines Bankkontos sollte in China ausreichend Zeit eingeplant werden. Das bezieht sich nicht zwangsläufig auf die Wartezeit und die einzelnen Vorgänge, sondern in erster Linie auf die Vielzahl der durch den Antragsteller zu leistenden Unterschriften, die absolut identisch sein müssen. Nur dann gelten sie als authentisch und wirklich durch den Unterzeichneten abgegeben. Hier wird wiederum die große Bedeutung des Stempels mit seinem immer gleichen und stetig reproduzierbaren Erscheinungsbild noch einmal besonders deutlich. Wenn die Unterschrift nicht exakt so aussieht wie die Unterschrift, die man im Pass stehen hat, bekommt man von den Beamten am Schalter ein freundliches „Chabuduo, bu xing!“ entgegnet. Sehr frei übersetzt heißt das: „Netter Versuch, reicht aber nicht, bitte noch einmal.“
Drittens: Geschwindigkeit der Prozesse: hier soll nicht der Eindruck vermittelt werden, dass chinesische Bürokratie und Prozesse schwieriger als anderswo zu bewerkstelligen sind. Im Gegenteil! Objektiv betrachtet ist es beachtlich, dass es dem BDI gelungen ist, innerhalb von nur sieben Monaten ein Büro zu gründen. Ob das in Deutschland in dieser kurzen Zeit möglich gewesen wäre, vermag ich nicht zu sagen. Und irgendwie ist es ja auch schön: dass es Dinge gibt, die überall gleich sind.
Das Büro ist nun offiziell eröffnet, ich freue mich auf die Arbeit in China und hoffe, dass wir mit unserem Einsatz hier vor Ort einen sinnvollen Beitrag zu den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen leisten und der deutschen Industrie hier vor Ort eine Unterstützung sein können.