Wir spüren immer stärker, wie sehr digitale Lösungen unser Leben, unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft, unseren Alltag grundlegend verändern – und das in einer enormen Geschwindigkeit. Mit der Digitalisierung der Industrie werden wir in den nächsten Jahren unsere industrielle Basis neu erfinden: Vernetzte Wertschöpfungsketten werden die Effizienz enorm erhöhen. Sie schaffen Synergien und Raum für neue Geschäftsmodelle.
Mir ist es wichtig, immer wieder auf die Chancen der Digitalisierung hinzuweisen: Sei es für eine umweltfreundlichere Produktion, effizientere Mobilität und Logistik, smarte Städte in den Ballungszentren dieser Welt oder für den nächsten Quantensprung in der Medizin.
Gerade weil die Digitalisierung so relevant für die Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunft unserer Industrie ist, wundert es nicht, dass es hin und wieder auch zu Spannungen kommt: Google, Facebook, Apple, Microsoft – viele in der deutschen Wirtschaft blicken mit Bewunderung und Respekt auf diese Unternehmen. Mancher blickt auch mit Scheu auf die digitalen Giganten. Der digitale Fortschritt konfrontiert Unternehmen mit neuen, bislang nicht gekannten Wettbewerbern. Dieser Fortschritt zwingt Unternehmen, sich einem – möglicherweise schmerzhaften – Digitalisierungs-Check zu unterziehen.
Aber auch die Politik muss ihren Beitrag leisten. Zum Beispiel mit einer Politik für gesunde digitale Infrastruktur: Bis heute liegt der Standort Deutschland bei Tempo und Netzabdeckung lediglich im Mittelfeld, abgeschlagen hinter anderen führenden Industriestaaten. Hier brauchen wir öffentliche Mittel als Vorlauf-Investition für privates Engagement. So sind die für den Aufbau eines flächendeckenden Gigabit-Glasfasernetzes bis 2025 geplanten zehn Milliarden Euro Fördergelder nicht genug.
Die hin und wieder festzustellende Abwehrhaltung resultiert aus der Tatsache, dass europäische Unternehmen bislang nicht zur Spitze der digitalen Ökonomie gehören. Wenn nun die IT- und die Maschinenwelt zusammenwachsen, wenn jetzt Office Floor und Shop Floor miteinander verschmelzen – wer steht dann am Ende als Sieger da?
Ich meine, wir sollten stärker über die Gemeinsamkeiten und über die gemeinsamen Chancen reden als über die Unterschiede und das Konkurrenzverhältnis. Ja, ein bekanntes US-Unternehmen baut ein selbstfahrendes Auto – und fragt die nötige Fahrzeugtechnik in Deutschland nach. Um bei der Digitalisierung der industriellen Fertigung Spitzenreiter zu werden, bedarf es Erfahrung und Know-how von beiden Seiten. Entscheidend ist, dass wir uns den Herausforderungen, welche die Digitalisierung mit sich bringt, politisch und wirtschaftlich stellen und so in der Digitalisierung vorangehen.
Wir in der Wirtschaft wissen, wie wir unsere Potenziale vergrößern können: durch mehr Kooperation und mehr Vernetzung mit unseren starken Partnern jenseits des Atlantiks. Wie gut Deutsche und Amerikaner bei der Digitalisierung kooperieren können, beweist die junge Zusammenarbeit der deutschen Plattform Industrie 4.0 mit dem Industrial Internet Consortium IIC. Wir schaffen eine Win-win-Situtation, wenn wir gemeinsame Standards schaffen, etwa in der Automatisierung oder der digitalen Vernetzung von Produktionsanlagen. Ich erwarte für die gesamte verarbeitende Industrie einen Wachstumsschub.
Ich bin jedenfalls überzeugt: Durch gemeinsamen Austausch werden wir alle profitieren. Es liegt an uns, neue und digitale Lösungen für das 21. Jahrhundert zu entwickeln. Wir wollen die Digitalisierung zu einer Erfolgsgeschichte für die Industrie machen. Auch in zehn, 15 Jahren sollen meine Nachfolger noch die starke Industriebasis in Deutschland loben. Das wünsche ich mir, dafür arbeite ich.