Sofern sie aus Papier ist, geprägt oder gedruckt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie aus der Papierfabrik Gebr. Grünewald GmbH & Co. KG im südwestfälischen Kirchhundem stammt. Ein Familienunternehmen in vierter Generation mit rund 100 Mitarbeitern, das hochwertige Spezialpapiere für den europäischen Markt produziert. Mit einer rund fünf Meter breiten Papiermaschine und einer Jahreskapazität von 48.000 Tonnen. Geschäftsführender Gesellschafter ist Christopher W. Grünewald.
„Aus unseren Rohpapieren werden beispielsweise Bäckerbeutel, Wachspapiere, Blumenseiden, Versandtaschen und Tischdecken hergestellt. Unabhängig von der Anwendung erfüllen alle Produkte die hohen europäischen Standards für Lebensmittel-Verpackungspapiere“, erklärt er.
Aber was hat das mit der deutschen Energiepolitik zu tun? Die Papierindustrie ist von allen aktuellen Themen der Energiewende direkt betroffen: Sie ist sehr strom- und wärmeintensiv. Sie betreibt schnelllaufende Maschinen, die auf eine zuverlässige und schwankungsfreie Stromversorgung angewiesen sind. Sie nimmt direkt am europäischen Emissionshandel teil. Als Rohstoff nutzt sie Biomasse, die bei der Papierfabrik Grünewald zu mehr als 50 Prozent aus recycelten Altpapier-Fasern besteht.
Grünewald, der in seiner Freizeit die Natur im Sauerland als Läufer und Wanderer genießt, ist deshalb des Öfteren zu politischen Gesprächen in Berlin. Das wirtschaftliche Wohlergehen der Papierindustrie und anderer energieintensiver Industrien ist eng verknüpft mit den politischen Entscheidungen zur deutschen Energiewende.
„In unserem Marktsegment haben wir in Europa drei direkte Wettbewerber, und zwar in Frankreich, Italien und den Niederlanden“, sagt Grünewald. „Wegen unserer hohen Energieintensität sind die Energiekosten ein entscheidender Faktor. Wenn die deutschen Energiekosten durch nationale Alleingänge steigen, andere EU-Staaten ihre Kosten jedoch niedrig halten, dann spüren wir den Nachteil sofort im europäischen Wettbewerb.“
Um hierfür ein besseres Verständnis bei seinen politischen Gesprächspartnern zu schaffen, ist der Unternehmer seit Längerem ehrenamtlich engagiert. Seit 2010 ist er Vorsitzender des Ausschusses Energie- und Klimapolitik beim BDI. Im Frühjahr 2016 wurde er zum dritten Mal in dieses Amt gewählt.
„Der rund 80-köpfige Ausschuss entscheidet über die energiepolitische Ausrichtung der deutschen Industrie“, unterstreicht Grünewald. „Mit unseren 36 Mitgliedsverbänden ganz unterschiedlicher Branchen führen wir manche lebhafte Diskussion. Wir unterstützen die Energiewende und sehen in ihr Chancen für Innovationen. Gleichzeitig eint uns das Ziel, dass Deutschland ein starkes Industrieland bleiben soll. Auch diesem Ziel muss die Energie- und Klimapolitik dienen.“
Grünewald setzt sich ehrenamtlich zudem etwa als Vizepräsident des Verbands Deutscher Papierfabriken (VDP) ein. Er ist Mitglied der Vollversammlung der IHK Siegen-Wittgenstein-Olpe und sitzt im Ausschuss Umwelt und Energie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK).
Für Grünewald und den BDI ist es ein zentrales Anliegen an die deutsche Energie- und Klimapolitik, die Gefahr einer deutschen Nabelschau zu vermeiden und den Blick zu weiten auf die Rahmenbedingungen im Ausland. Der Weg der Papier-Tischdecke aus dem Sauerland in die italienische Altstadt ist nur eines von unzähligen Beispielen dafür, wie eng die wirtschaftliche Verflechtung Europas und der Welt ist. „Dafür“, sagt Grünewald, „braucht es energiepolitisch faire Wettbewerbsbedingungen.“