„Die Digitalisierung verändert tiefgreifend und mit rasantem Tempo fast alle Bereiche von Wirtschaft, Gesellschaft und täglichem Leben. Auch das Internet der Dinge wird Realität: Immer mehr Produkte und Maschinen sind miteinander vernetzt. Teils evolutionär, teils disruptiv verändern digitale Technologien Wertschöpfung und Innovationsprozesse.
Dabei ist es gerade die Industrie, die diesen Wandel vorantreibt. Es geht um große Chancen und enorme volkswirtschaftliche Potenziale, etwa durch eine effizientere Mobilität, schonendere und bessere Medizin, ressourcensparende Logistik, eine flexiblere Arbeitswelt, eine umweltfreundlichere Produktion oder auch durch ganz neue Geschäftsmodelle. Die digital vernetzte Industrie 4.0, die sogenannte vierte industrielle Revolution, ist das zentrale Thema für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie – und dies auf sämtlichen Stufen der industriellen Wertschöpfung.
Stolpersteine auf dem Weg der digitalen Transformation sind rechtliche Unsicherheiten. Die Digitalisierung stellt das Recht an zahlreichen Stellen vor ganz neue Herausforderungen. Es geht bereits jetzt schon um konkrete rechtliche Fragen, etwa zum Umgang mit Daten. Ein Beispiel: Für Maschinendaten gibt es keine eindeutigen Regeln, wem sie eigentlich gehören, wer sie nutzen und letztlich damit Geld verdienen darf. Auch in dem Fall, dass Gegenstände selbstständig entscheiden und handeln – Stichwort autonome Systeme – sind noch juristische Antworten zu finden. Wer trägt die Verantwortung für automatisierte Entscheidungen? Wer haftet, etwa beim selbstfahrenden Auto, das in einer unausweichlichen Unfallsituation zwischen potenziellen Opfern auswählen musste?
Auch selbstlernende Systeme, deren Aktionen im Ergebnis auf keine konkrete Programmierung zurückzuführen sein werden, werfen Fragen auf, etwa im Zivil- oder auch im Strafrecht. Viele weitere rechtliche Fragestellungen bestehen auf dem Feld des geistigen Eigentums, des Urheberrechts, des Kartell-, Arbeits- oder auch des Telekommunikationsrechts.
Viele Unternehmen setzen bei der Lösung dieser Probleme allen voran auf die Anwälte. Es würde uns gut tun, wenn der Gesetzgeber stärker darauf achtet, wie sich Regulierung auf die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft auswirkt. Der BDI macht sich dafür stark, einen sogenannten Innovations-Check in der Gesetzesfolgenabschätzung einzuführen. Dadurch sollen Regelungsvorhaben standardmäßig daraufhin überprüft werden, welchen Effekt sie auf die Gewinnung von Fachkräften, auf Forschung und Entwicklung oder auf die Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen haben.
Wir sollten den Mut haben, regulatorische Experimentierräume zuzulassen. Innovation entwickelt sich am besten dort, wo Wirtschaft und Wissenschaft sie ungehindert erproben und verwirklichen können. Innovationsprojekte sollten deshalb im Einzelfall zeitlich und örtlich begrenzt von bestimmten regulatorischen Hemmnissen befreit sein.
Der Gesetzgeber sollte nicht alle auftretenden rechtlichen Problemstellungen gesetzlich lösen wollen. Die Industrie ist sich ihrer Eigenverantwortung bewusst, Sie will die Probleme soweit wie möglich selbst angehen. Die Anwaltschaft spielt eine bedeutende Rolle dabei, Digitalisierungshindernisse aus dem Weg zu räumen. Damit hilft sie, die Chancen der Digitalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft zu nutzen.“