Die Karlsruher Richter haben entschieden, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Kapitalgesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners nicht zwingend verändert. Bislang entfällt ein bestehender Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft anteilig, wenn sich innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 Prozent und bis zur Hälfte der Anteilseigner verändern. Diese Regelung soll sogenannte Mantelkäufe verhindern – Käufe einer Gesellschaft mit Verlustvorträgen aus Gründen der reinen Verlustnutzung (Monetarisierung von Verlusten). Die Richter urteilten, dass die bisherige Regelung eine unzulässige Typisierung sei.
Grundsätzlich stehen dem Gesetzgeber Typisierungen zu, jedoch müssen sich diese realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Sie dürfen nicht pauschal auf eine Veränderung der Beteiligungsquote von 25 bis 50 Prozent abstellen. Auch weitere Rechtfertigungsgründe wie der rein fiskalische Zweck einer staatlichen Einnahmenerhöhung erkennt der Senat nicht an. Die Entscheidung beruft sich auch auf die Stellungnahmen des BDI und des Instituts Finanzen und Steuern (ifst). Im Ergebnis zeigt sich, dass kleine Nachbesserungen des Gesetzgebers auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts als Antwort nicht ausreichen.
Der Gesetzgeber muss mit einer dringend erforderlichen Strukturreform des Unternehmensteuerrechts in der nächsten Legislaturperiode auch die Grundausrichtung zum Verlustuntergang verändern. Die vom BVerfG gesetzte Frist für eine Neuregelung endet am 31. Dezember 2018. Aus Sicht des BDI sollte zukünftig der Verlustvortrag stets erhalten bleiben und nur in Missbrauchsfällen (Mantelkauf) entfallen. Diesem gedanklichen Ansatz entsprach bereits die Vorgängerregelung, welche eine gute Grundlage für die anstehende Diskussion bietet.