Die Europäische Kommission hat im Mai 2017 ihre Vorschläge für länderspezifische Empfehlungen veröffentlicht, welche Ende Juni 2017 noch vom Europäischen Rat gebilligt werden müssen. Deutschland bekommt die Empfehlung, den moderaten Aufwärtstrend bei Investitionen weiter zu stärken. Insbesondere bei öffentlichen Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation gibt es auf allen föderalen Ebenen Potentiale. Ebenso soll die Bundesregierung Kapazitäts- und Planungsengpässen bei Infrastrukturinvestitionen entgegenwirken und das Steuersystem investitions- und damit wachstumsfreundlicher gestalten. Schlussendlich müssen noch Fehlanreize, die Zweitverdiener von einer Erwerbstätigkeit abhalten, reduziert werden, um das Arbeitsmarktpotential zu stärken.
Forschung und Innovation sind die Schlüssel für Deutschland
BDI und BDA begrüßen diese Handlungsempfehlungen und werden noch konkreter. Im kürzlich erschienenen Wachstums- und Investitionsprogramm schlägt die Industrie umfangreiche Maßnahmen zur Steigerung von Investitionen, Innovation und Wohlstand vor. Analog zu nahezu allen anderen EU-Mitgliedstaaten sollten Forschungs- und Entwicklungsausgaben steuerlich gefördert werden. Ein 3,5-Prozent-Ziel des Bruttoinlandsprodukts für Forschung wäre eine ambitionierte, aber realistische Zielvorgabe, um die deutsche Innovationskraft zu stärken.
Deutschland benötigt einen starken Arbeitsmarkt und hohes Produktivitätswachstum
BDI und BDA unterstützen zudem die Forderung der EU-Kommission zur besseren Ausschöpfung des Arbeitsmarktpotentials. Gerade für eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen ist eine Ausweitung des Ganztagesbetreuungsangebots für Kinder entscheidend. Um den negativen Auswirkungen der Rente mit 63 entgegen zu wirken und den Fachkräftemangel zu begrenzen, sollte die abschlagsfreie Rente mit 63 so schnell wie möglich auslaufen. Zugleich sind die Anreize zur Erhöhung der Beschäftigung Älterer zu stärken. Anregungen und Hinweise, um diese Herausforderungen erfolgreich anzugehen, stellen die Arbeitgeber in ihrer Broschüre "Fakten statt Zerrbilder: Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt" dar.
Im Hinblick auf die von der EU-Kommission geforderte Steigerung der Reallöhne weisen die Wirtschaftsverbände BDI und BDA auf die im EU-Vergleich bereits jetzt stark steigenden Lohnstückkosten hin. Die Entwicklung der Reallöhne sollte deshalb nicht losgelöst von der Produktivitätsentwicklung erfolgen, da ansonsten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen gefährdet wird. Wege zur Steigerung der Produktivität gäbe es genügend, wie eine Studie des BDI aufzeigt.
Das komplizierte Steuersystem bremst Investitionen aus
Neben Investitionen in Forschung und Innovation sind Investitionen in die Infrastruktur von hoher Bedeutung. Die beiden Spitzenverbände sehen beträchtliche Chancen bei Investitionen in "Industrie 4.0" sowie bei Investitionen in Digital-, Energie- und Verkehrsnetze. Bei diesen Infrastrukturen muss die öffentliche Hand aktiver werden. Zwar hat die Bundesregierung in den letzten Jahren die öffentlichen Investitionen um rund sechs Prozent gesteigert. Gemessen am BIP liegen sie mit 2,2 Prozent jedoch noch unter dem Schnitt der weiteren Euroländer von 2,8 Prozent.
Schlussendlich ist das deutsche Steuersystem kompliziert und verhindert Investitionen. Arbeitgeber und Industrie sprechen sich in diesem Bereich beispielsweise für eine Integration der Gewerbesteuer in die Körperschaftssteuer aus, um die Steuerbürokratie aufkommensneutral zu verringern. Der nächste Schritt im Prozess des Europäischen Semesters zur wirtschaftspolitischen Koordination der EU-Mitgliedstaaten ist die Annahme der Empfehlungen durch den Rat. Danach liegt der Ball bei den nationalen Regierungen. Deutschland hatte zuletzt nur begrenzte Fortschritte bei der Umsetzung der Empfehlungen des vergangenen Jahres erzielt. BDI und BDA hatten zum diesbezüglichen Länderbericht ausführlich berichtet.