„Nach zwei Weltkriegen wissen wir heute, dass wir das Hauptziel deutscher Politik, die Einheit der Nation, wann immer sie möglich sein wird, nur erreichen können auf friedlichem Weg und in der Gemeinsamkeit mit allen unseren Nachbarn. Das mag Generationen dauern, aber wir geben nicht auf. Aus der geschichtlichen Erfahrung wissen wir, dass das, was unter Adenauer begonnen wurde, die sogenannte Westbindung der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Gemeinschaft und in die Atlantische Allianz, die Voraussetzung für unsere Zukunft in Freiheit ist. Es gibt keine Alternative zu Europa, schon gar nicht für uns als geteiltes Land.
Wir haben im Blick auf Europa – und ich sage das auch für alle meine Amtsvorgänger – ein großes Stück des Weges geschafft. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Viele unserer Nachbarn – vor zwei Stunden sprach ich mit dem irischen Präsidenten – erwarten von uns dabei zum Teil wahre Wunder. Die werden wir nicht leisten können. Aber sie erwarten vor allem, das eigene Haus in Ordnung zu halten oder, soweit notwendig, in Ordnung zu bringen. […]
Soziale Marktwirtschaft heißt natürlich auch Kreativität bei den unternehmerisch Verantwortlichen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Zukunftsinnovationen natürlich sehr stark vom psychologischen Umfeld abhängen. Herr Rodenstock (Rolf Rodenstock, BDI-Präsident von 1978 bis 1984) sprach schon davon, ich sage es einmal verkürzt mit dem Begriff „Technikfeindlichkeit“. Meine Damen und Herren, wenn wir uns den Luxus erlauben, dass Technik pauschal diffamiert wird, werden wir die Zukunftschancen verspielen. Wir sind nicht die Knechte der Technik und ihr nicht unterworfen, aber wir werden unsere zukünftige Entwicklung als moderne Exportnation nur steuern können, wenn wir besser sind als die anderen.
Und das setzt voraus, dass wir ein hohes Maß an Erfindungsreichtum und Kreativität, an Fleiß und Zuverlässigkeit haben. Und das setzt voraus, dass wir uns alle technischen Neuerungen selbstverständlich anschaffen und dass wir sie nutzen. Wer etwa, wie es in der aktuellen Diskussion gesagt wird, sagt: „Dann lasst doch die Roboter und die Computer weg!“, der muss wissen, dass das der erste Schritt auf dem Weg zum wirtschaftlichen Abstieg ist.
Niemand kann erwarten, dass in der Dimension der Großbetriebe die große Wende kommen kann im Blick auf die Arbeitswelt. Was wir brauchen, ist eine Existenzneugründungswelle. Wir brauchen den Willen zur Selbstständigkeit, wir brauchen viele neue kleine und mittlere Unternehmungen. Wir haben ja das Beispiel in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo es gelungen ist, auf diesem Weg Millionen Arbeitsplätze zu schaffen.“