„Was bisher auf dem Tisch liegt, ist noch keine tragfähige Geschäftsgrundlage für eine wirtschaftspolitisch erfolgreiche Legislaturperiode. Union und SPD enttäuschen die Wirtschaft mit einem äußerst mageren Sondierungsergebnis, das nur ein Minimum erwartbarer Vorschläge anbietet. In neun von 13 für die deutsche Industrie zentralen Betätigungsfeldern vermissen wir Ambition und Gestaltungskraft. Trippelschritte in die richtige Richtung ergeben noch kein schlüssiges Gesamtkonzept, etwa bei der Digitalisierung. Viele einzelne Maßnahmen dürften insgesamt mehr Belastungen als Entlastungen für die Industrie bedeuten.
Seit zehn Jahren gab es keine nennenswerte Steuerstrukturreform mit Entlastungen für Unternehmen, stattdessen etliche Mehrbelastungen. Es ist alles andere als sicher, dass der Aufschwung auch die kommenden vier Jahre einfach so weitergeht. Die Unternehmen in Deutschland haben im Aufschwung der vergangenen neun Jahre mehr als eine Billion Euro Steuern gezahlt. Die Steuern der Unternehmen summierten sich im vorigen Jahr auf rund 139 Milliarden Euro – knapp 58 Prozent mehr als zu Beginn des Aufschwungs 2009. Das ist eine überproportionale Steigerung. Derweil stieg das Gesamtsteueraufkommen um etwa 38 Prozent.
Eine Entlastung der Unternehmen beim Solidaritätszuschlag ist überfällig. Gerade mittelständische Unternehmen drohen erneut leer auszugehen. Statt komplizierter Berechnungsmethoden sollten die Koalitionäre den Soli für alle auf drei Prozent senken, verbunden mit einem klaren Enddatum für die Erhebung des Soli. Dieser Schritt würde alle Steuerzahler und auch den Mittelstand um zehn Milliarden Euro jährlich entlasten. Er würde bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenkommen.
Die künftige Regierung muss mehr Wirtschaft wagen – in der Digitalisierung, beim internationalen Steuerwettbewerb und in der Energiewende. Die Weiterentwicklung der Europäischen Union ist für Deutschland politisch und wirtschaftlich von überragender Bedeutung.“