„Wenn wir jetzt anfangen, können wir für die nächste Epidemie gerüstet sein“, mahnte Bill Gates in seinem mittlerweile berühmten Ted Talk schon 2015 an. Trotz der bekannten Gefahren durch hochansteckende Viren trifft das Coronavirus die Welt unvorbereitet. Auf die rasante Ausbreitung von Covid-19 reagieren die meisten Staaten früher oder später mit dem Shutdown des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Auch wenn die wirtschaftliche Tätigkeit in Deutschland nicht komplett eingeschränkt wurde, zwingt die Corona-Pandemie viele Unternehmen zur Vollbremsung. Mit harten Konsequenzen: die Industrie bricht so stark ein wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Nach der erfolgreichen Eindämmung des Virus kommt es deshalb darauf an, die wirtschaftliche Aktivität wieder in Gang zu bringen. Für die Coronakrise waren wir nicht ausreichend gerüstet – doch auf den Neustart können wir uns vorbereiten.
Vier Phasen des Wiedereinstiegs
Die Rückkehr zu einer neuen Normalität kann nur schrittweise gelingen. In der Eindämmungsphase sind das öffentliche Leben und die wirtschaftliche Aktivität zumindest teilweise eingeschränkt. Der wirtschaftspolitische Fokus muss darauf liegen, Unternehmen und Beschäftigte vor krisenbedingten Insolvenzen zu schützen. In der Phase des Wiedereinstiegs kommt das öffentliche Leben schrittweise wieder in Gang, der Handel und die industrielle Produktion nehmen langsam wieder Fahrt auf. Die Betriebe müssen effektive Schutzmaßnahmen organisieren, um Neuinfektionen am Arbeitsplatz auszuschließen. Gleichzeitig kämpfen die Unternehmen noch mit deutlichen Behinderungen im grenzüberschreitenden Logistik- und Warenverkehr.
Spätestens mit der Verfügbarkeit eines Impfstoffes und therapeutischen Medikamenten beginnt die Stabilisierungsphase. Die wirtschaftliche Aktivität im Inland läuft dann größtenteils ungestört, international ist aber noch mit vielen Beeinträchtigungen zu rechnen. Das wirtschaftliche Vorkrisenniveau wird vermutlich erst im Laufe des Jahres 2021, möglicherweise erst 2022 erreicht. Einige Branchen kämpfen voraussichtlich mehrere Jahre mit einer Nachfragedelle. Auch die Erholung am Arbeitsmarkt wird sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.
Welche Maßnahmen jetzt nötig sind
Derzeit sollte der Fokus zum einen darauf liegen, den freien Waren- und Personenverkehr wiederherzustellen und industrielle Wertschöpfungsketten zu sichern. Wichtig ist dabei, die Maßnahmen in Europa zu koordinieren. Sonst verringern sich die Chancen für eine kraftvolle Erholung der europäischen Volkswirtschaften. Zum anderen gilt es bereits jetzt, Konjunkturprogramme vorzubereiten. Angesichts der enormen Dimension des wirtschaftlichen Einbruchs müssen auch die konjunkturellen Impulse und steuerlichen Entlastungen entsprechend groß ausfallen. Wie ein solches Gesamtpaket aussehen könnte, skizziert Prof. Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft im Gespräch.
Der BDI benennt Sofortmaßnahmen für den Wiedereinstieg und macht 66 konkrete Vorschläge zum Bürokratieabbau. In einer gemeinsamen Erklärung fordern die Präsidenten der drei größten europäischen Unternehmerverbände – BDI, Confindustria und Medef – ein starkes Signal der Solidarität durch die EU. Es brauche einen umfassenden gesamteuropäischen Plan, der den Grundstein für erfolgreiches Wirtschaften in der Zukunft legt. Denn: nur mit einer starken Industrie lässt sich die Rezession in Deutschland und Europa abfedern.
Die Nachwirkungen der Coronakrise werden die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft noch über viele Jahre begleiten. Einige Unternehmen werden vom Markt verschwinden. Andere werden dank ihrer Anpassungsfähigkeit und Innovationskraft gestärkt aus der Krise hervorgehen. Es lohnt sich, diese Zeit des Umbruchs trotz ihrer schmerzlichen Begleiterscheinungen auch als Chance zu begreifen – für die Transformation der Wirtschaft durch kreativen Unternehmergeist, digitale Geschäftsmodelle und grüne Investitionen.