Wir Europäer müssen den Brexit gestalten. Für die Politik in Brüssel und Berlin darf es in den Verhandlungen nur eine Devise geben: Europa zusammenzuhalten und zu stärken.
Die zwölf Punkte, die Premierministerin Theresa May im Januar verkündete, lassen in der Summe nur eine Interpretation zu: Das Königreich ist gewillt, die Trennung von der EU um wirklich jeden wirtschaftlichen Preis zu vollziehen. Es wird außerordentlich schwierig werden, massiven Schaden für die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals abzuwenden.
Es muss nun darum gehen, die Kosten des Brexits zu minimieren. Dies wird am besten über ein transparentes Verfahren des Ausstiegs funktionieren. Die deutsche Industrie fordert größtmögliche Transparenz über den politischen Prozess nach Artikel 50 des EU-Vertrags bis zur endgültigen Neuregelung der Beziehungen. Der BDI warnt vor einem ungeordneten Prozess und einer Trennung im Dissens. Die Gefahr einer langanhaltenden Zerrüttung von Vertrauen durch potenziell kontroverse Verhandlungen ist real. Risiken minimieren – das ist die Richtschnur für die sicherlich schwierige Phase, die vor uns liegt.
Unternehmen müssen spätestens ab 2019 mit einem harten Bruch von Wertschöpfungsverbünden und Absatzchancen rechnen. Dies führt unserer Einschätzung nach vor allem zu einem enormen wirtschaftlichen Schaden für das Vereinigte Königreich – mit erheblichen Risiken einer sinkenden Industrieproduktion, einem steigenden Defizit im Staatshaushalt und von Arbeitsplatzverlusten. Dies gilt insbesondere im verarbeitenden Gewerbe, das auf funktionierende Wertschöpfungs- und Forschungsverbünde angewiesen ist. Für deutsche Unternehmen mit Geschäft im Vereinigten Königreich drohen ab 2019 massive Störungen durch Zölle und Schutzmaßnahmen, auseinanderstrebende Regelungen, entfallende Marktzugangsvoraussetzungen und steuerliche Verwerfungen.
Ein Abschied aus der EU ist mit wirtschaftlichen Nachteilen für alle verbunden. Nur: Das Ausmaß der Schadensbegrenzung liegt ganz überwiegend in der Verantwortung der britischen Regierung. Nach allem, was in den zurückliegenden Wochen aus London zu hören war, lässt sich feststellen: Die Position der dortigen Regierung zum Austritt aus der EU ist von zahlreichen Hoffnungen geprägt, von denen niemand weiß, wie man alles so schnell hinbekommen soll.