„Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, zum 70-jährigen Jubiläum der Hannover Messe unser Nachbarland Polen als diesjähriges Gastland zu gewinnen. Mehr als 100 polnische Unternehmen auf der Messe unterstreichen die Bedeutung der bilateralen Handelsbeziehungen. Es ist das gemeinsame Bestreben unseres polnischen Partnerverbandes Lewiatan, unter der Präsidentschaft meiner geschätzten Kollegin Henryka Bochniarz, und des BDI, diese Wirtschaftsbeziehungen weiter auszubauen.
Für uns als Handelspartner ist es wichtig, dass wir gemeinsam essentielle europäische Werte teilen, diesseits und jenseits von Oder und Neiße, deshalb sehen wir durchaus mit Sorge auf Einschränkungen der Rechtsstaatlichkeit. Presse- und Meinungsfreiheit sind unerlässlich für eine starke Industrienation und das Wirken der Industrie in der Gesellschaft. Lassen Sie uns weiter intensiv zusammenarbeiten als zentrale Teile eines kraftvollen und leistungsfähigen europäischen Gemeinschaftsprojektes! Serdecznie vitamiy – szanowni Painstwo kollega!
Auf diesem Messeplatz konnte man auch sehen, was Industrien und industrienahe Dienstleistungen attraktiv und innovativ sein lässt: freier Handel unter fairen Wettbewerbsbedingungen. Leistungsfähige Industrieprodukte und industrienahe Dienstleistungen brauchen global frei zugängliche Märkte, sie brauchen die internationale Arbeitsteilung, sie brauchen den Ausbau und die Stärkung globaler Lieferketten.
Wir als Vertreter der Industrie sind dabei gefordert, diese Notwendigkeit gegenüber Politik und Gesellschaft zu erläutern. Wir sind gefordert darzutun, dass dies nicht im Gegensatz zu dem berechtigten Wunsch nach Teilhabe steht. Wir sind gefordert zu erläutern, womit wir geschafft haben, aus dem kranken Mann Europas der Jahrtausendwende eine weltweit erfolgreiche Industrienation mit Überschüssen in der Handelsbilanz zu machen: Mit Zollbarrieren, mit nicht-tarifären Handelshemmnissen, mit Abschottung wäre dies nicht gelungen!
Gelungen ist es, weil sich Politik an dringend notwendige Arbeitsmarkt- und Sozialreformen gewagt hat; weil wir uns in vielen Fällen in gelebter Sozialpartnerschaft zwischen Unternehmen und Gewerkschaften den richtigen und wichtigen Aufgaben zugewandt haben; weil wir mit unseren gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unsere Innovationsstärke ausspielen konnten; weil wir ganz im Sinne der Grundidee der sozialen Marktwirtschaft sinnvolle Kompromisse zwischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen geschaffen haben. Kurz: Weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben! Last not least sind wir gefordert, deutlich zu machen, dass moderne Wirtschafts- und Handelsbeziehungen nichts mit Deals oder Nullsummenspielen zu tun haben, sondern sehr wohl die Wohlfahrt aller Beteiligten erhöhen können.
Angesichts zunehmender Versuche von Protektionismus und Isolation, nicht nur jenseits des Atlantiks, ist diese Aufgabe seit der Hannover Messe im vergangene Jahr, als sich nämlich viele dieser Grundwerte auch in der Rede des damaligen amerikanischen Präsidenten wiederfanden, nicht einfacher geworden. Sich dieser Aufgabe jedoch nicht zu stellen würde eine Rückkehr zu einer Industrie der 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts bedeuten. Die damaligen Verhältnisse kann nur der herbeisehnen, dessen Erinnerung manches verklärt.
Ich bin dankbar, dass die Bundeskanzlerin bei Ihrem Besuch in den USA gemeinsam mit dreien unserer Kollegen derartige Grundwerte nochmals mit Nachdruck betont hat und dabei auch nochmals für eine Wiederaufnahme der Gespräche über ein Freihandelsabkommen eingetreten ist.
Im Brexit-Referendum haben sich die Bürger des Vereinigten Königreiches gegen den Verbleib in der EU entschieden, und Ministerpräsidentin May hat dem Europäischen Rat die Austrittsabsicht vor knapp einem Monat schriftlich mitgeteilt. Wir halten dies für sehr bedauerlich, weil ein Fehlen des Vereinigten Königreiches die Bedeutung der EU im globalen Kontext schwächt. Wir finden es bedauerlich, dass es der britischen Regierung nicht gelungen ist zu erläutern, dass Europa die Lösung und nicht das Problem darstellt.
Gleichwohl: Jetzt geht es darum, die vier Grundfreiheiten der EU nicht durch Sonderregelungen und Rosinenpicken zu verwässern. Eine schwierige Aufgabe, zu deren erfolgreicher Bewältigung man den Verhandlungspartnern nur viel Glück und Geschick wünschen kann.
Natürlich haben wir in diesem Jahr mit Freude, sicherlich aber auch mit Überraschung ein weiteres klares Bekenntnis zur Globalisierung vernommen. Das deutlich vernehmbare „Nein“ zu Protektionismus und die Betonung des gemeinsamen Interesses an einer Weiterentwicklung des Freihandels von Staatschef Xi Jinping beim Weltwirtschaftsforum in Davos gibt Hoffnung. Wenngleich wir realistisch bleiben sollten. Zwischen der Proklamation der Werte und der Erfüllung dieser Werte könnte noch ein längerer Weg zu gehen sein.